Der Master ist der zweite Studienabschluss nach dem Bachelor und umfasst insgesamt 120 Kreditpunkte (KP). Beim Masterstudiengang Kulturtechniken handelt es sich um einen sogenannten Monostudiengang ohne weitere Haupt- oder Nebenfächer, der mit 100 KP abgeschlossen wird. Hinzu kommt der komplementäre Bereich, der sich aus frei wählbaren Lehrveranstaltungen aller Fakultäten zusammensetzt (20 KP). Ein Kreditpunkt ECTS entspricht ungefähr 30 Arbeitsstunden.

 

 Master of Arts (120 KP) 
Kulturtechniken (100 KP) Wahlbereich (20 KP)
 Studiengang 

 

Der Studiengang ist in drei thematische Module unterteilt, die je durch eine Professur vertreten sind:

  • Praktiken (z.B. Archivprozesse, Wissenschaftliches Schreiben, Kulturtechniken des Rechts und der Architektur, Kulturtechnik Programmieren)
  • Materialitäten (z.B. Aufzeichnen/Modifizieren, Speichern, Übertragen und Erscheinungsweisen des Materiellen; insbesondere in audiovisuellen Medien)
  • Koordinaten der Kreativität (z.B. Ausbildungspraktiken der Kunst, Techniken künstlerischer Praxis, Logik des Bildes und Kunsttheorie)

Ergänzt werden diese Module durch das transdisziplinäre Modul ›Kulturtechnische Dimensionen‹ mit einem wechselnden Angebot an Lehrveranstaltungen aller Departemente der Philosophisch-Historischen Fakultät.

Praktiken

Praktiken

Wenn Praktiken für gewöhnlich als das Gegenteil von Theorie veranschlagt werden, bleibt dabei oftmals übersehen, dass jede Theorie ihre umsetzenden Gebrauchsweisen, bestimmenden Transformationslogiken und alltagstauglichen Übersetzungsformen mit sich bringt, die ihre vermeintlich praxisfernen Gesetzmässigkeiten, Prämissen und Axiome determinieren. Umgekehrt sind für diese Praktiken wiederum spezifisch theoretische Annahmen leitend, die in die Ausübung der jeweiligen Tätigkeiten filternd, strukturierend, handlungs- leitend eingreifen. Ausgehend von dieser rekursiven Wechselbeziehung zwischen Theorie und Praxis von Kultur und ihren Techniken untersucht das Modul jene Operationstypen und Aktivitätsformen, mit denen Dinge und Medien im Zusammenspiel kulturelle Prozesse stiften, sich stabilisieren und auch wieder vergehen. Für eine ›Grammatik‹ der Kultur heisst das, die Kulturtechniken im Bereich der Verben, die Genese kultureller Effekte also bevorzugt in ihrer Verlaufsform zu betrachten. Denn vor jedem Konzept der Schrift kommt das Schreiben, Zahlen gehen aus viel älteren Praktiken des Rechnens und Messens hervor, und schliesslich sind Bilder und Skulpturen ungleich älter als jede Theorie des Bildes. Praktiken sind die Blaupausen und Muster impliziten Wissens, nach denen sich Kultur bildet, in deren Verlauf sie sich entwickelt und generiert wird. Das Modul widmet sich daher der Rekonstruktion und Reflexion jener Operationsketten, den Elementen der Praktiken, in denen sich Akteure, Medien und Objekte als gleichrangig eingebunden zeigen. Es geht darum, jene Mechanismen zu analysieren, die kulturelle Prozesse und Artefakte einerseits konfigurieren und die sie andererseits wiederum generieren, um auf diese Weise an ästhetischen und epistemologischen Prozessen und Hervorbringungen mitzuwirken. Im Fokus stehen dabei sowohl die elementaren Kulturtechniken wie Lesen, Schreiben, Denken, Rechnen, Programmieren und ihre jeweilige wissenschaftliche Reflexion aus historischer und theoretischer Perspektive als auch Körpertechniken, Prozesse der Repräsentation und weitere mediale Praktiken, mit denen sich kulturelle Ordnungen konstituieren. Gerade weil sich Kulturtechniken von allen anderen Techniken unterscheiden durch ihren potentiellen Selbstbezug, durch ihre rekursiven Strukturen, gilt es die Taktiken im Tun, das Lesen im Lesen, das Schreiben schreibend und das Programmieren mit eigenen Codes einer differenzierenden Analyse zu unterziehen, nicht nur um zu verstehen, wie Kulturen funktionieren, also die Art und Weise des Machens zu ergründen, sondern ebenso, um die derart erforschten Funktionsweisen der Kultur, ihre medialen Verlaufsformen und symbolischen Operationen in die eigene Praxis der Kulturarbeit zu übertragen.

Dimensionen

Kulturtechnische Dimensionen

Das aus dem Lehrangebot der Kooperationspartner der Philosophisch-Historischen Fakultät zusammengestellte Modul erweitert die Fragestellungen, Themen und Methoden der drei Kernmodule mit dem Ziel, Fragen nach ›Materialitäten‹, ›medialen Praktiken‹ und ›Koordinaten der Kreativität‹ ebenso in verwandten Bereichen wie der Philologie, Architektur, Kulturanthropologie, Historiographie, Musikwissenschaft oder Digital Humanities zu diskutieren und unter ergänzendem methodischen Blickwinkel zu bearbeiten.

Materialisten

Materialitäten

Die Konjunktur des Konzepts der Kulturtechniken in Methodologie und Heuristik der Kulturwissenschaften steht nicht zuletzt im Kontext der Digitalisierung zentraler Prozesse und Kommunikationen gegenwärtiger Gesellschaften. Das Digitale, im erschreckenden singulare tantum, das die codierte Prozessierung von Daten selbst betrifft, lässt sich von menschlichen Sinnen nicht erfassen. Digitale Bilder, digitale Klänge gibt es nicht, nur die digitale Prozessierung von Daten. Um deren Resultate wahrzunehmen, um mit und unter Menschen zu kommunizieren, zu interagieren, ist prinzipiell eine Rematerialisierung der Codes und Algorithmen vorausgesetzt, wie sie an Schnittstellen zwischen Menschen und Maschinen stattfindet. Erst an materialisierten oder rematerialisierten Operationen können wir implizit erkennen, wie die Dinge digital laufen, wie sie geregelt sind und was sie regeln. Allerdings stehen Materialisierung und Rematerialisierungen in einem nicht-identischen Verhältnis: zum Beispiel geht das Cut-and-Paste als Algorithmen in Schreiben oder Komponieren auf die Kulturtechnik analoger (Ton-)band Montagen zurück, ruft ähnliche Praktiken auf, betrifft aber je andere Gegenstände und Prozeduren. Die Kenntnis historischer Materialien und Materialitäten ist Voraussetzung dafür zu erkennen, inwiefern kulturelle und kreative Praktiken sich im Zuge künstlerischer oder alltäglicher Prozesse formiert und entfaltet haben.

Koordinaten

Koordinaten der Kreativität

In historischer Perspektive werden in diesem Modul kreative Prozesse und Praktiken unter- sucht, auch und besonders im Hinblick auf ein selbstreflexives Potential der Kunst. Jenseits des Bildgegenstands und des Dargestellten soll hier die Produktionsästhetik kulturtechnisch befragt werden. Geklärt werden soll, unter anderem, wie die Kunst über ihre eigene Herstellung, Funktion und Wirkung nachdenkt. Welcher Voraussetzungen bedarf es, um künstlerisch tätig zu werden? Ausbildungspraktiken in Werkstatt und Akademie sind dabei ebenso zu untersuchen wie Handbücher und Traktate. Weiter gilt es, die Vollzugsformen künstlerischen Handelns in den Blick zu nehmen, Techniken und Praktiken der Bildproduktion also. Darüber hinaus ist es Aufgabe dieses Moduls, die Funktionen der Kunst zu bestimmen. Wie macht Kunst, wie machen Malen, Zeichnen, plastisches Gestalten, Fotografieren usw., Dinge sichtbar und begreifbar, wie wird darin auf die Welt reagiert und was wird ihr entgegen gesetzt? Welches Ausdruckssystem entwickelt die Kunst, wie konstituiert sich ihre eigene, genuine Logik. Welche epistemische Kraft eignet der Linie, dem Volumen, der Farbe? Kunst ist immer von Theorie begleitet worden. In der lange währenden Debatte um das Primat des »disegno« etwa ist folgenreich über den gedanklichen Anteil am schöpferischen Prozess verhandelt worden, im »Paragone«-Streit über die unterschiedlichen Ausdrucksqualitäten spezifischer Gattungen. Die Conceptual Art hat sich ganz grundsätzlich mit der Frage von Materialisierung und Entmaterialisierung befasst. Das Modul untersucht mithin auch die theoretischen Grundlagen oder Ausformulierungen künstlerischer Produktion, und das in diachronem Zugriff. Das Modul Koordinaten der Kreativität sucht daher Schnittpunkte, an denen sich besonders anschaulich von den Herstellungspraktiken der Kunst und der damit einhergehenden Reflexion künstlerischen Tuns sprechen lässt.

Der Masterstudiengang Kulturtechniken ist fächerübergreifend angelegt und wird ohne zweites Studienfach studiert. 

Der freie Wahlbereich besteht aus frei wählbaren Lehrveranstaltungen, die zur fachlichen Vertiefung im Studiengang, zum Einblick in andere von der Universität Basel angebotene Studienangebote und/oder zum Erwerb von Sprachkompetenzen einsetzbar sind.

Der Studiengang legt einerseits die Basis für eine wissenschaftliche Laufbahn durch Forschungskompetenzen mit Anschlussmöglichkeiten an ein  Doktoratsprogramm der Universität Basel. Er bietet andererseits zahlreiche Anknüpfungspunkte für Tätigkeiten im Kulturbereich: Die fundierte historische und theoretische Reflexionsfähigkeit bildet eine Kernkompetenz für die Arbeit in (Online-)Redaktionen von Zeitungen, Zeitschriften, Rundfunk- und Fernsehanstalten oder in kulturellen Einrichtungen wie Theater, Museen oder Stiftungen.